Ein Verkehrsunfall kommt meist unerwartet und bringt neben dem Schockmoment auch eine Menge organisatorischer Fragen mit sich. Wie hoch sind die Reparaturkosten? Ist das Fahrzeug noch verkehrssicher? Und vor allem: Welche Ansprüche habe ich gegenüber der Versicherung?
Genau hier kommt das Unfallgutachten ins Spiel. Es liefert eine neutrale, rechtssichere Bewertung des entstandenen Schadens und stellt sicher, dass Versicherungen die Regulierung nicht zu niedrig ansetzen. Ohne ein solches Gutachten riskieren Geschädigte, dass wichtige Positionen wie Wertminderung, Nutzungsausfall oder Restwert nicht berücksichtigt werden.
Ein Unfallgutachten – häufig auch Kfz-Schadengutachten genannt – ist ein detaillierter, technischer Bericht über die Schäden an einem Fahrzeug nach einem Unfall. Es wird von einem unabhängigen Kfz-Sachverständigen erstellt und enthält deutlich mehr Informationen als ein Kostenvoranschlag.
Es beinhaltet:
Detaillierte Schadenbeschreibung mit allen beschädigten Bauteilen
Fotodokumentation als Beweismittel
Kalkulation der Reparaturkosten unter Einbeziehung von Arbeitszeit, Ersatzteilen und Lackierarbeiten
Wiederbeschaffungswert: Marktwert des Fahrzeugs vor dem Unfall
Restwert: Wert des beschädigten Fahrzeugs im aktuellen Zustand
Aussage zur Reparaturwürdigkeit: Kann sich eine Reparatur noch lohnen?
Wertminderung: Möglicher Verlust beim Wiederverkauf trotz Reparatur
Nutzungsausfallentschädigung: Finanzielle Erstattung, wenn das Fahrzeug vorübergehend nicht nutzbar ist
Ein Unfallgutachten wird ausschließlich von unabhängigen Kfz-Sachverständigen erstellt. Werkstätten oder Versicherungen können zwar Empfehlungen geben, die Beauftragung liegt jedoch beim Geschädigten.
Wichtig: Sie haben das Recht auf freie Gutachterwahl. Die gegnerische Versicherung darf Ihnen keinen Sachverständigen vorschreiben.
Falls Sie sich für die Ausbildung zum Kfz-Sachverständigen interessieren, finden Sie auf Modal.de ausführliche Informationen zur Kfz-Sachverständiger Ausbildung.
Die Kostenübernahme hängt von der Art des Schadens ab:
Haftpflichtschaden (Fremdverschulden): Die gegnerische Versicherung übernimmt alle Kosten für das Unfallgutachten.
Kaskoschaden (Eigenverschulden oder äußere Einflüsse): Hier kommt es auf die Vertragsbedingungen Ihrer Versicherung an. Manche Versicherer übernehmen die Kosten, andere nur teilweise.
Teilschuld: Bei einer Mitverantwortung kann die Kostenteilung greifen.
Die Kosten eines Unfallgutachtens hängen stark vom Schadensumfang und Fahrzeugtyp ab. Im Durchschnitt liegen sie zwischen 500 und 1.000 Euro.
Kleinwagen, leichter Frontschaden → ca. 500–600 €
Mittelklassefahrzeug, Blechschaden mit Lackierung → ca. 700–900 €
SUV oder Oberklassefahrzeug mit größerem Schaden → 1.000–1.200 €
Gut zu wissen: Bei einem unverschuldeten Unfall müssen Sie diese Kosten nicht selbst tragen. Die gegnerische Versicherung ist verpflichtet, das Unfallgutachten zu bezahlen.
Ein Unfallgutachten wird in mehreren Schritten erstellt:
Kontaktaufnahme & Terminvereinbarung
Sie kontaktieren einen Sachverständigen und schildern den Schaden.
Begutachtung vor Ort
Der Gutachter untersucht das Fahrzeug direkt am Unfallort, bei Ihnen zu Hause oder in der Werkstatt.
Dokumentation
Schäden werden schriftlich festgehalten und fotografiert.
Technische Prüfung
Je nach Schaden können zusätzliche Messungen oder Prüfungen erforderlich sein.
Erstellung des Gutachtens
Innerhalb von 2 bis 5 Tagen erhalten Sie das schriftliche Unfallgutachten.
Nicht jeder Schaden erfordert ein umfassendes Gutachten. Bei Bagatellschäden (bis ca. 750 €) reicht oft ein Kurzgutachten oder ein Kostenvoranschlag.
Beispiele für Bagatellschäden:
Kleine Parkrempler
Lackkratzer
Dellen ohne tieferen Strukturschaden
Aber: Oft zeigen sich versteckte Schäden, die oberflächlich nicht sichtbar sind. Daher kann ein Unfallgutachten auch bei scheinbar kleinen Schäden sinnvoll sein.
Ein Unfallgutachten bietet zahlreiche Vorteile, die weit über die reine Kostenermittlung hinausgehen:
Rechtssicherheit: Versicherungen können sich nicht auf Schätzungen berufen.
Absicherung: Verhindert, dass Schadenspositionen wie Wertminderung oder Nutzungsausfall unter den Tisch fallen.
Dokumentation: Hilfreich beim späteren Fahrzeugverkauf, da der Unfall nachvollziehbar dokumentiert ist.
Verhandlungsbasis: Stärkt die Position gegenüber der Versicherung oder vor Gericht.
Ein Unfallgutachten klärt, ob ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt.
Beispiel:
Fahrzeugwert vor Unfall: 8.000 €
Reparaturkosten: 10.000 €
Restwert: 1.500 €
Da die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen, liegt ein wirtschaftlicher Totalschaden vor. In diesem Fall zahlt die Versicherung in der Regel den Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert.
Der Restwert spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung. Er bestimmt, wie viel Ihr Fahrzeug trotz Schaden noch wert ist. Dieser Betrag wird vom Wiederbeschaffungswert abgezogen.
Auch für allgemeine Zwecke wie Verkauf, Leasing-Rückgabe oder Oldtimer-Bewertung kann ein Gutachten sinnvoll sein.
Mehr dazu: Fahrzeugbewertung – Was ist mein Auto wert?
Viele Sachverständige bieten inzwischen digitale Services an. Über Online-Formulare können Sie:
Schadensfotos hochladen
Erste Daten zum Unfall einreichen
Eine schnelle Ersteinschätzung erhalten
So sparen Sie Zeit und erhalten trotzdem ein rechtssicheres Gutachten.
Ein Unfallgutachten ist weit mehr als ein technischer Bericht. Es ist der entscheidende Faktor für eine faire Schadensregulierung. Es berücksichtigt Reparaturkosten, Restwert, Wiederbeschaffungswert und Wertminderung und schützt Geschädigte vor finanziellen Nachteilen.
Wer nach einem Unfall auf ein professionelles Gutachten setzt, hat gegenüber der Versicherung die bessere Verhandlungsposition – und damit die Sicherheit, nicht auf Kosten sitzenzubleiben.
In der Regel 2 bis 5 Werktage.
Zwischen 500–1.000 €, bei Haftpflichtschaden trägt die Versicherung die Kosten.
Ja, die Versicherung erhält eine Kopie.
Nein, als Geschädigter haben Sie freie Gutachterwahl.
Ja, wenn versteckte Schäden nicht ausgeschlossen werden können.